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Rede zum Haushalt 2025

  • 27. Dez. 2024
  • 6 Min. Lesezeit
Birhat Kacar, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Soltau
Birhat Kacar, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat der Stadt Soltau

Nachfolgend die Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Birhat Kacar vom 19. Dezember 2024 im Wortlaut:


Herr Vorsitzender,


Sehr geehrter Herr Bürgermeister,


Sehr geehrte Damen und Herren,




„Es sind keine einfachen Zeiten auf der Welt, aber wann waren diese schon einfach?“ So habe ich im letzten Jahr meine Haushaltsrede begonnen und könnte wie vor einem Jahr fortfahren: „Wir bleiben im Krisenmodus…“


Die Situation hat sich aber verändert – und zwar zum Negativen. Die deutsche Wirtschaft steckt nicht nur in einer Schwächephase, sondern in einer tiefgreifenden Krise. Gleichzeitig zeigt eine aktuelle Erhebung des Manager Magazins vom Herbst diesen Jahres, dass es in Deutschland mehr Milliardäre gibt als je zuvor. Ihre Zahl ist 2023 um 23 auf den Rekordwert von 249 gestiegen. Gemeinsam verfügen die 500 reichsten Deutschen über ein Vermögen von 1,1 Billionen Euro. Die Vermögensungleichheit bleibt extrem: Laut verschiedenen Studien entfallen rund 60 Prozent des Gesamtvermögens auf die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung. Im Gegensatz dazu stagniert die Zahl der armutsbetroffenen Menschen auf einem erschreckend hohen Niveau. Dies bestätigt auch der aktuelle Bericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbands. Besonders alarmierend: Die Kinderarmut hat in Deutschland einen neuen Höchststand erreicht.


Meine Damen und Herren,

wir haben in Deutschland kein Geldproblem, wir haben ein Verteilungsproblem.


Diese Ungleichheit zeigt sich auch in der finanziellen Ausstattung unserer Städte und Gemeinden. Während sich Reichtum in wenigen Händen konzentriert, kämpfen Kommunen überall in Deutschland – auch bei uns – mit großen Herausforderungen, ihre Haushalte auszugleichen. Diese Problematik spiegelt sich heute in unserem Haushalt wider, der bei seiner Einbringung ein Defizit von knapp 3,9 Millionen Euro im Ergebnishaushalt auswies. Diese Entwicklung kam nicht überraschend und begleitete die Sitzungen der interfraktionellen Arbeitsgruppe zur Haushaltskonsolidierung von Beginn an. Die Verwaltung hat von Anfang an mit konstruktiven Lösungsvorschlägen zur Bewältigung des Defizits beigetragen. Dabei umfassten die Maßnahmen – wie schon im vergangenen Jahr – auch Kürzungen bei den Sachmitteln der Verwaltung. Ein umfangreiches Gesamtkonzept der Verwaltung wurde den Fraktionen bereits im Oktober zur Beratung vorgelegt. Dennoch erreichte es erst vorgestern, während der abschließenden Beratungen im Finanzausschuss, die öffentliche Aufmerksamkeit. Die fehlende Bereitschaft zu einer frühzeitigen öffentlichen Debatte über die vielfältigen Maßnahmen hat ein bedenkliches Signal ausgesendet. Es entsteht der Eindruck, dass Entscheidungen einmal mehr hinter verschlossenen Türen getroffen wurden. Dieses Vorgehen hat unnötig Vertrauen aufs Spiel gesetzt – und das ausgerechnet in einer Zeit, die von großer Verunsicherung geprägt ist.




Wichtig dann aber doch das Ergebnis der Beratungen:


Der Haushalt 2025 kann ausgeglichen auf den Weg gebracht werden. Dazu tragen sowohl die guten Haushaltsergebnisse 2023 als auch immer noch die positive Entwicklung der Steuereinnahmen bei. Die steigende Einwohnerzahl Soltaus hilft dabei ebenso. Natürlich sind das Entwicklungen, die auf den letzten Metern stattgefunden haben – wie all die Jahre vorher.


Auch wenn diese Mehreinnahmen seit der Einbringung des Haushaltes Anfang Oktober mit gut 2 Millionen Euro beachtlich sind, wird mehr als die Hälfte schon wieder durch die erhöhte Kreisumlage und Mindereinnahmen bei der Steuerschätzung aufgefressen – gut 1 Million Euro seit der Einbringung. = Zusätzlich haben wir den Haushalt für 2025 mit Einmaleffekten in Höhe von gut 2 Millionen Euro aus der = Auflösung von Verbindlichkeiten der AWS gegenüber der Stadt auf Kurs bringen können. Hinzu kommen 600.000 Euro aus dem geplanten Verkauf von Grundstücken im geplanten Baugebiet Tetendorfer Straße an die AWS zur Erschließung und Vermarktung.


Es wäre sowohl gegenüber der Verwaltung als auch im Hinblick auf künftige Haushalte klug und verantwortungsvoll gewesen, bereits Anfang Oktober Grundsatzbeschlüsse zu zentralen Maßnahmen zu fassen. Dazu hätten etwa die Einführung einer Übernachtungssteuer oder die Klärung einer möglichen Kündigung mit entsprechender Verringerung der Beiträge an Gewässerunterhaltungsverbände gehört. Mit solchen Entscheidungen hätte der Haushalt 2025 sogar die Chance gehabt, mit einem deutlichen Überschuss in das erneut schwierige Jahr 2026 zu starten. Diese Möglichkeit wurde jedoch durch das taktische Zögern der Mehrheit dieses Rates vertan.


Mit den Stadtwerken und der AWS hat die Stadt zwei leistungsstarke Töchter, die beide ihren Anteil zur Konsolidierung des Haushaltes nach ihren Möglichkeiten beitragen. Daher geht unser Dank auch an die jeweiligen Geschäftsführer und Teams. Es ist jedoch wichtig, im Blick zu behalten, dass beide in den kommenden Jahren vor erheblichenHerausforderungen und noch größeren Investitionen stehen. Ihr finanzieller Spielraum darf daher nicht gefährdet werden, damit sie ihre Aufgaben weiterhin erfolgreich bewältigen können.


Politik muss vorausschauend handeln und langfristige Entwicklungen im Blick behalten. Dazu gehört, die Voraussetzungen für die Ansiedlung weiterer Gewerbebetriebe zu schaffen. Neue Gewerbeansiedlungen bedeuten nicht nur mehr sichere Arbeitsplätze, sondern fördern auch die wirtschaftliche Stabilität unserer Stadt. Gleichzeitig müssen wir sicherstellen, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Soltau bezahlbaren Wohnraum finden können.


Dieses Ziel dürfen wir jedoch nicht allein privaten Investoren überlassen. Deshalb ist die Ausweisung neuer Wohngebiete, wie das geplante Baugebiet „Tetendorfer Straße“, und dessen Vermarktung durch die AWS ein richtiger und notwendiger Schritt. Mit dem geplanten Ausbau einer Nahwärmeversorgung für dieses Gebiet leisten dieStadtwerke zudem einen wichtigen Beitrag zur kommunalen Klimawende bei. Insbesondere bei diesem Baugebiet sehen wir die effiziente Arbeit beider Töchter, die einen entscheidenden Faktor in der Entwicklung unserer Stadt spielen. Das müssen wir beibehalten und stärken. Daher können sich AWS und Stadtwerke darauf verlassen, dass die SPD beide vollumfänglich unterstützen wird.


Die Verhandlungen mit dem Landkreis zu den weiteren auskömmlichen Finanzierungen haben eines deutlich gemacht: auf allen Ebenen ist den Verantwortlichen das Hemd näher als die Hose. Und bevor jetzt der eine oder andere Ratskollege gleich wieder die unzureichende Finanzausstattung der Kommunen durch Bund und Land anmahnen wird:Ja, das ist so. Und zwar egal unter welcher politischen Farbe eine Regierung die Hand aufs Geld legt. Es ist unbestreitbar, dass zusätzliche Gelder vom Bund und Land für den Erhalt unserer Infrastruktur – von Schulen über Straßen bis hin zu Brücken – unerlässlich sind. Aber stellt sich die Frage: Kann das auch im Rahmen einer Schuldenbremse und gleichzeitigem Versprechen von Steuererleichterungen gelingen?


Meine Damen und Herren,


Ich werde nicht wie im vergangenen Jahr jedes Thema einzeln abarbeiten. Stattdessen möchte ich zusammenfassendfesthalten: Im kommenden Jahr müssen wir damit anfangen, klare Prioritäten setzen und unsere Ressourcen gezielt einsetzen, um Soltau zukunftsfähig aufzustellen. Es gilt, keine neuen Baustellen zu eröffnen, sondern bestehende Projekte effizient und entschlossen umzusetzen. Daher müssen wir uns bewusst machen, dass die Herausforderungen, vor denen wir stehen, nicht weniger werden. Leider lässt sich die Entwicklung der städtischen Finanzen in den kommenden Jahren nur mit Sorge betrachten. Dennoch ist es entscheidend, dass wir die Verwaltung weiterhin unterstützen und CDU, SPD, BU, FDP und Grüne gemeinsam realistische Lösungen erarbeiten. In diesem Sinne sollte die Arbeit der Arbeitsgruppe fortgesetzt und durch öffentliche Debatten im Finanzausschuss ergänzt werden, wo immer dies möglich ist.


Die Arbeit geht also weiter – und sie wird nicht einfacher.


Im Namen der SPD-Fraktion möchte ich mich abschließend bei der Fachgruppe 20 herzlich bedanken, insbesondere bei Herrn Holldorf und Frau Schlote. Ihre klare und verständliche Arbeit in den Ausschüssen sowie Ihre Unterstützung bei Nachfragen verdienen großen Dank. Unser Dank gilt ebenso allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung sowie der stadteigenen Töchter für ihre Arbeit. Herrn Bürgermeister Klang und dem ersten Stadtrat Karsten Lemke danken wir für die vertrauensvollen Gespräche und die konstruktive Zusammenarbeit in diesem Jahr.


Viele von uns haben sicher den liebevoll gestalteten Weihnachtsmarkt in Soltau bewundert, mit seinen schön aufgestellten Bäumen und der festlichen Atmosphäre. Dabei hätte der Weihnachtsmarkt in diesem Jahr fast eine Karriere als „Winter-Trümmerlandschaft“ hingelegt. Der Sturm am Tag vor der Eröffnung sorgte für eine unfreiwillige Generalprobe in Krisenmanagement – mit beschädigten Pavillons und einer Dekoration, die kurzzeitig eher nach moderner Kunst als nach Weihnachtszauber aussah. Dank der schnellen Reaktion der Organisatoren und des Bauhofes wurde das Chaos aber rechtzeitig wieder aufgeräumt. Dafür gebührt ihnen unser herzlichster Dank! Mit rund 4 Millionen Euro, also dem Ergebnis der internen Leistungsverrechnung, wird die Arbeit des Bauhofes deutlich. Ob Maßnahmen an Grundschulen, Arbeiten an städtischen Liegenschaften oder Einsätze für unsere Märkte und Feste: Mit dieser „Kostenstellenrechnung“ wird sichtbar, was die Mitarbeitenden Tag für Tag leisten.


Die SPD-Ratsfraktion bedankt sich herzlich für diesen großartigen Einsatz und das Engagement aller Beteiligten. Wir werden dem Haushaltsplan 2025 und der damit verbunden Haushaltssatzung zustimmen.


Meine Damen und Herren,


Neben der Haushaltsberatung ist heute auch die letzte Sitzung unseres amtierenden Bürgermeisters, der zum Jahresende aus persönlichen Gründen zurücktritt.


Herr Bürgermeister, lieber Olaf,


im Namen meiner Fraktion möchte ich mich für deine Arbeit bedanken. Du hast Stabilität in die Verwaltung gebracht und einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe – sowohl mit den Mitarbeitenden als auch mit den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt – ermöglicht. Du hast dafür gesorgt, dass es weniger um einzelne Personen geht, sondern um das große Ganze, um Soltau. Ich möchte ausdrücklich sagen, dass ich deinen Rücktritt bedauere, das weißt du. Aber ich respektiere deine Entscheidung und hoffe, du bleibst uns als kritischer Ratgeber erhalten. Für deinen weiteren Weg wünsche ich dir vor allem Ruhe, Erfüllung und alles Gute.



 
 
 

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