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Rede zum Haushalt 2026

  • 27. Nov.
  • 6 Min. Lesezeit

Nachfolgend die Rede des SPD-Fraktionsvorsitzenden Birhat Kaçar vom 27. November 2025 im Wortlaut:


Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

sehr geehrter Herr Bürgermeister,

liebe Bürgerinnen und Bürger,


wie in den vergangenen Haushaltsreden beginne ich damit, dass wir in schwierigen Zeiten leben. Die Wahrheit ist immer noch: Leicht war es noch nie und im Moment reiht sich Krise an Krise. Das spüren wir seit Jahren in den Kommunen und in den Haushalten.


Die Nerven liegen vielerorts blank und die

sozialen Herausforderungen nehmen zu.


Während in diesem Land die Zahl der Superreichen um 4000 gestiegen ist und inzwischen ein Drittel des gesamten Finanzvermögens in den Händen einiger weniger liegt, leben eine Million Kinder in Armut, ohne ausreichende Kleidung und einer warmen Mahlzeit. Die Liste unserer eigentlichen Probleme geht weiter: Steigende Einsamkeit bei Menschen, mehr Gewalt an Frauen im eigenen Haushalt, eine Zunahme rechtsextremer Gewalttaten, fremdenfeindliche Debatten

über das Stadtbild oder der eklatante Anstieg psychischer Belastungen von jungen Menschen…


Aber nun zum Haushalt.


Die SPD-Fraktion hat sich in den vergangenen Wochen sehr intensiv mit dem Haushaltsentwurf und dem Haushaltssicherungskonzept beschäftigt. Er zeigt, dass wir im Jahr 2026 trotz aller bereits vorgenommenen Anpassungen weiterhin einen strukturellen Fehlbedarf von 3,7 Millionen Euro haben. Selbst nach Einsatz der vorhandenen Ergebnisrücklage bleibt ein ungedeckter

Betrag von 2,6 Millionen Euro bestehen. Vor diesem Hintergrund haben wir als Fraktion umfassend abgewogen, ob eine Erhöhung der Gewerbe- und Grundsteuern eine angemessene Reaktion wäre.


Nach gründlicher Prüfung und Beratung haben wir uns entschieden, dass wir beide Vorschläge heute nicht mittragen können.


Ausschlaggebend dafür ist erstens, dass eine höhere Gewerbesteuer uns kaum helfen würde. Ein großer Teil der Mehreinnahmen würde über Umlagen und den kommunalen Finanzausgleich wieder abgeschöpft, sodass uns nur ein kleiner Anteil tatsächlich zur Verfügung stünde. Die Unternehmen kommen langsam aus dem Krisenmodus raus, da ist es sinnvoll Ihnen eine Atempause zu geben.


Zweitens würde eine höhere Grundsteuer unweigerlich bei den Bürgerinnen und Bürgern als Mehrbelastung ankommen. Die Grundsteuer wird vollständig auf die Mietnebenkosten umgelegt und würde damit viele Haushalte in einer Phase treffen, in der die Belastungen ohnehin steigen. Dies halten wir in der aktuellen Situation nicht für verantwortbar.


Zur Gegenfinanzierung möchten wir jedoch die Ticketsteuer moderat um 0,5 Punkte anheben. Diese Maßnahme ist sozial ausgewogen und dauerhaft wirksam.


Ein weiterer zentraler Faktor für unsere Haushaltslage ist die stetig steigende Kreisumlage, wobei die letzte Anpassung für niemanden eine Überraschung sein dürfte. Unabhängig von der Frage, ob die aktuelle Erhöhung angemessen ist und unabhängig von Stimmen, die den Landkreis gerne als Gegner

inszenieren, möchte ich die Situation sachlich einordnen.


Ich gehöre nicht zu der Art von Politikern, die im Kreistag der Erhöhung kommentarlos zustimmen, um dann im Stadtrat Empörung zu spielen.


In den kommenden Jahren wird der Kreis rund 25 Millionen Euro in Soltau investieren. Dazu gehören der Neubau einer Rettungswache, die Modernisierung der Feuerwehrtechnischen Zentrale, die Erweiterung der BBS und des Gymnasiums, die Erneuerung der Ortsdurchfahrt Wolterdingen, dazu der neue

Radweg nach Neuenkirchen und die Sanierung der Kreisstraße 48 zwischen Tetendorf und der Alm.


Ebenso entscheidend ist, dass Bund und Land ihrer Verantwortung zunehmend gerechter werden. Wo Aufgaben an die Kommunen übertragen werden, müssen finanzielle Mittel folgen. Das erfolgt bereits beim Wohngeld Plus, bei verschiedenen Investitionsprogrammen des Bundes und bei Mitteln für die Kinderbetreuung. Gleichzeitig bleibt der verpflichtende Ganztag ein warnendes Beispiel dafür, dass politische Ziele nur dann funktionieren, wenn die Finanzierung vollständig und dauerhaft gesichert ist.


Insgesamt stimmt die neue Richtung. Die Aufgabe, die vor uns liegt, besteht nun darin, diesen Kurs fortzuführen und den Haushalt strukturell zu stabilisieren, ohne Bürger und Betriebe im kommenden Jahr zusätzlich zu belasten.


Frau Vorsitzende, Meine Damen und Herren,


Die diesjährige Haushaltsvorstellung unterschied sich spürbar von den Beratungen der vergangenen Jahre. Erstmals hat Kämmerer Holldorf den Blick nicht allein auf die Zahlen gerichtet, sondern ganz bewusst die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit in den Mittelpunkt gestellt. Das ist notwendig, denn wir müssen uns ehrlich fragen, wie wir diese langfristig sichern.


Unbestritten ist: Die AWS und die Stadtwerke sind wichtig für die Leistungsfähigkeit des „Konzerns Soltau“. Beide haben die Entwicklung unserer Stadt über Jahrzehnte maßgeblich geprägt und sind für unsere Zukunftsfähigkeit enorm wichtig – jede in ihrem Bereich.


In den vergangenen Wochen konnten wir in der Presse lesen, wie die CDU fordert, deutlich mehr Gewerbe- und Wohnflächen zu verkaufen. Auf den ersten Blick klingt das nach einer schnellen Lösung. Allerdings sollte man sich dabei nicht von den Verkaufserlösen blenden lassen, sondern die tatsächlichen Erlöse betrachten – also unter Berücksichtigung der Einstandskosten.


Liebe Kolleginnen und Kollegen, dazu bitte einmal Geschäfts- und Prüfberichte sorgfältig lesen. Dann merkt man sehr schnell, dass wir pro Jahr gar nicht so viel Wohngrundstücke verkaufen können, um damit den Haushalt nachhaltig zu sanieren. Sie stärken eine Kommune also nicht strukturell.


Wer den Bürgern erzählt, man könne damit dauerhaft Haushaltsprobleme lösen, verschweigt, dass Grundstücke auch aus strategischen Überlegungen heraus erworben und durchaus über lange Zeiträume gehalten werden. Wirtschaftliche Stärke entsteht nicht durch den Ausverkauf kommunalen Eigentums, sondern durch eine vorausschauende Entwicklungspolitik.


Genau dafür brauchen wir eine starke AWS, die handlungsfähig bleibt und auch künftig Wohnraum und Arbeitsplätze schaffen kann.


Deshalb will die SPD-Fraktion eine gezielte Stärkung der AWS. Dazu gehören Kooperationen, eine Weiterentwicklung ihrer Strukturen und das Ziel, die AWS langfristig zu einer noch stärkeren Marke zu entwickeln. In diesem Zusammenhang blicken wir auch auf die angekündigten Bundesmittel in Höhe von rund 15 Millionen Euro. Diese Mittel sollten wir strategisch einsetzen, sodass sie nicht verpuffen, sondern die AWS und damit die gesamte städtische Entwicklung dauerhaft voranbringen. Die Investitionen, die wir heute auf den Weg bringen, entscheiden darüber, wie leistungsfähig Soltau in den kommenden

Jahrzehnten sein wird.


Das verpflichtet uns zu klarer Prioritätensetzung, zu langfristigem Denken und zu Entscheidungen, die Substanz schaffen, statt Substanz zu verkaufen.


Denn Soltau steht seit Jahren vor einem erheblichen Investitionsstau. Viele Projekte wurden angestoßen, aber nur wenige sind zum Abschluss gekommen. Wir beschäftigen uns häufig mit Konzepten, doch der Schritt in die konkrete Umsetzung gelingt uns zu selten. Diese Zurückhaltung führt dazu, dass wichtige Infrastrukturthemen immer weitergeschoben werden und sich Probleme verfestigen.


Ein Beispiel dafür sind unsere Sportplätze. Vor rund sechs Jahren stellte der damalige Bürgermeister einen Neubau des Sportparks Ost vor. Auch wir im Rat haben diesem Projekt zugestimmt. Passiert ist seither nichts, obwohl die sportliche Infrastruktur in der Stadt spürbar unter Druck steht. Die aktuellen Berechnungen zeigen inzwischen, dass der ursprünglich geplante Neubau rund zehn Millionen Euro kosten würde und klar ist, dass jede Verschiebung einen Mehrkostensatz von 4% pro Jahr bedeuten!


Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass der amtierende Bürgermeister alle Fraktionen an einen Tisch geholt hat, um eine realistische und finanzierbare Lösung zu entwickeln. Der neue Ansatz sieht vor, die bestehenden Anlagen am SV-Platz und am Ostpark zu sanieren und zusätzliche Kunstrasenplätze zu schaffen. Damit könnten wir bis zu fünf moderne und belastbare Sportflächen bereitstellen. Sollte zusätzlich eine Bundesförderung von bis zu 75 Prozent bewilligt werden, würde das unsere städtischen Finanzen deutlich entlasten.


Ein weiteres Beispiel ist der Tunnel an der Walsroder Straße. Während des Bürgermeisterwahlkampfes wurde dieses Projekt von einigen Kandidaten als unrealistisch und unbezahlbar abgetan. Heute zeigt sich, dass diese Einschätzung falsch war. Der amtierende Bürgermeister hat das Thema aufgenommen und arbeitet gemeinsam mit unserem Bundesfinanzminister Lars Klingbeil an einer Umsetzung. Das zeigt, dass Beharrlichkeit und politische Zusammenarbeit mehr bewirken als vorschnelle Absagen.


Auch der geplante Neubau der Wilhelm-Busch-Schule ist ein zentrales Projekt. Hier müssen wir zeitnah in die Umsetzung kommen. Die Bedeutung dieser Schule für unsere Bildungslandschaft ist unstrittig und der Bedarf für moderne und ausreichende Kapazitäten ist klar erkennbar, insbesondere mit dem Blick auf die Ganztagsbetreuung.


Herausfordernd wird die Diskussion über die Zukunft der Therme. Sie ist ein touristischer Anziehungspunkt und ein wichtiges Angebot für die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger. Gleichzeitig wissen wir, dass ein Neubau enorme Kosten verursachen wird. Daher müssen wir diese Entscheidung sorgfältig treffen und sicherstellen, dass ein solches Projekt langfristig tragfähig ist. Eine ehrliche Bewertung der Kosten, der baulichen Perspektiven und der Fördermöglichkeiten ist dabei zwingend notwendig.


Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,


im Namen meiner Fraktion möchte ich mich bei der Fachgruppe 20, namentlich Herrn Holldorf und Frau Schlote für eine sehr konkrete und verständliche Arbeit bedanken. Wir bedanken uns bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung und der Stadttöchter für ihre engagierte Arbeit. Herrn Bürgermeister Brockmann und dem ersten Stadtrat Karsten Lemke danken wir für vertrauensvolle Gespräche und die konstruktive Zusammenarbeit in diesem Jahr, die sie allen demokratischen Fraktionen angeboten haben.


Die SPD-Fraktion wird dem Haushalt 2026 aus Verantwortung zustimmen.


Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Thema ansprechen, das uns seit einiger Zeit beschäftigt. Seit neun Jahren bin ich Teil dieses Rates und habe in dieser Zeit gelernt, politische Dynamiken und Verlässlichkeiten gut einzuschätzen. Mit Beginn dieser Ratsperiode hat sich meiner Wahrnehmung nach einiges verändert. Das mag vielleicht auch an der großen Zahl neuer Ratsmitglieder liegen. Nach der Bürgermeisterwahl nehme ich jedoch noch weitere Veränderungen wahr.


Insbesondere die CDU-Fraktion befindet sich nach der vergangenen Wahl in einer Phase der Neuorientierung und diese Unsicherheit spiegelt sich immer deutlicher in ihrem Handeln wider.


In den vergangenen Jahren haben wir oft fraktionsübergreifend zusammengearbeitet, gemeinsame Initiativen entwickelt und die Stadt über parteipolitische Grenzen hinweg vorangebracht. Dieser Stil ist in den letzten Monaten spürbar brüchiger geworden. Immer häufiger erleben wir impulsive statt strategischer Entscheidungen, wechselnde Positionen und eine deutlich geringere Bereitschaft, an der bisherigen konstruktiven Zusammenarbeit festzuhalten.


Grundstücksverkäufe werden öffentlich eingefordert und intern, wie beim Wohngebiet Tetendorf, gleichzeitig blockiert. Fachliche Entscheidungen werden nicht aus sachlichen, sondern aus persönlichen Motiven heraus abgelehnt, etwa bei den Friedhofsgebühren. Positionen werden nach außen anders dargestellt, als sie intern wirklich vertreten werden, wie beim Thema Alpha-E. Und selbst auf Antworten der Verwaltung wird mitunter gereizt oder sogar überheblich reagiert.


Ich sage das in aller Klarheit: Ein Rat funktioniert nur dann gut, wenn alle demokratischen Fraktionen verlässlich handeln.


Die Reihenfolge in der Politik ist eindeutig: Erst kommt die Stadt. Dann kommt die Partei.


Was aber keinen Platz hat, sind persönliche Befindlichkeiten und schlechte Verlierer.


Vielen Dank.

 
 
 

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